Phnom Penh und Ho Chi Minh City

Von Großstadt zu Großstadt

Geschrieben von Phil am Mo 11 Juli 2016

Mittlerweile sind wir auf unser Reise schon in Japan angekommen, hängen in unser Berichterstattung aber immernoch weit zurück, genau genommen noch in Kambodscha. In diesem Blogpost berichten wir von unserem eher nicht so ereignisreichen Aufenthalt in Phnom Penh und reisen dann auch direkt weiter nach Vietnam.

Schon bevor wir ankamen, sind wir mehrfach vorgewarnt worden. Reiseführer, Internetseiten und auch andere Reisende: allerlei Berichte warnten uns vor, dass die Kleinkriminalität in Phnom Penh sehr hoch sei. Die Warnungen reichten von Überfällen auf offener Straße bis zu Rucksackdiebstahl während (!) man in einem fahrenden Tuk Tuk sitzt, und tatsächlich haben wir unterwegs mehrere Reisende getroffen, denen Dinge gestohlen worden sind. Dementsprechend vorsichtig sind wir mit unseren Wertgegenständen umgegangen und müssen letztendlich feststellen, dass wir kein einziges Foto von Phnom Penh gemacht haben, weil wir nie unsere Kamera mitnehmen wollten. Unsicher gefühlt haben wir uns aber eigentlich nie so wirklich. Vielmehr scheint es uns ähnlich zu anderen Großstädten zu sein: Auf belebten Plätzen und in dunklen Gassen sollte man ein wenig aufmerksam sein, dann dürfte eigentlich nicht all zu viel passieren.

An einigen Stellen haben wir uns dann tatsächlich auch geärgert, die Kamera nicht dabei zu haben. Mitten in der Stadt mündet der Fluss Tonlé Sap in den Mekong, die Chance auf eine nette Flusspromenade wird aber an vielen Orten leider dadurch verspielt, dass man stattdessen lieber Hotels und Bürogebäude ans Flussufer baut die den Blick versperren. Viele andere Städte wie etwa Köln, Toulouse, Stockholm oder Prag lösen das unser Meinung nach sehr viel schöner. Viele Häuser in Flussnähe hätten wir aber gerne fotografiert, weil sie als Überbleibsel der französischen Kolonialzeit eher das Gefühl einer Mittelmeerstadt vermittelt haben. Ein paar nette Sehenswürdigkeiten gibt es auch, etwa den Wat Phnom, was so viel wie Hügeltempel bedeutet. Der Phnom (Hügel), auf dem dieser Tempel errichtet wurde, ist namensgebend für die Stadt. In Anbetracht der Tatsache, dass der "Hügel" nicht einmal 30m hoch ist, aber die höchste Erhebung in der Stadt darstellt, erscheint der Stadtname durchaus etwas amüsant.

Zugegeben, nach drei Wochen auf Reise und einer ganzen Menge verschiedenster Tempel hatten wir sicher auch weniger Motivation als noch zu Beginn in Bangkok, erschwerend kam aber auch hinzu, dass nun Lisas Magen ein wenig rebellierte und sie für einige Tage zur Ruhe Zwang. Als ich nach einigen Tagen ein krampflösendes Medikament zur Linderung besorgen wollte, lernte ich eine weitere Besonderheit Kambodschas kennen: Während man es in Deutschland gewohnt ist, in der Apotheke fein säuberlich verpackte Tabletten mitsamt Packungsbeilage zu bekommen, die meist in derartig riesigen Mengen angeboten werden, dass sie für mindestens zwei Wochen Dauerkrankheit reichen, öffnete die Apothekerin in Phnom Penh eine dieser Packungen und verkaufte mir einen einzelnen Tablettenstreifen daraus. Ungewohnt, ein wenig suspekt, aber doch auch sehr viel praktischer und viel billiger als die ganze Packung!

Nachdem es Lisa dann wieder besser ging, entschieden wir uns dafür, zumindest noch die beiden bedrückendsten Stationen in Phnom Penh zu besichtigen. Die 'Killing Fields' außerhalb der Stadt, sowie das Tuol-Sleng-Genozidmuseum. Beides sind Stätten, die über den schrecklichen Genozid der Khmer Rouge aufklären. Das Museum ist ein für die Öffentlichkeit aufbereitetes ehemaliges Foltergefängnis, eine Art Mischung aus einem KZ und einem Stasi-Gefängnis. In nur vier Jahren wurden hier zwischen 14.000 und 20.000 "Feinde" der Khmer Rouge inhaftiert und gefoltert. Dazu gehörten, wie schon in einem früheren Beitrag beschrieben, Menschen denen in irgend einer Weise eine höhere Bildung zugesprochen oder angedichtet werden konnte (Brillenträger, gepflegte Hände), deren komplette Familien (um eventuelle Racheakte der Angehörigen auszuschließen) und, da sich innerhalb der Khmer Rouge schnell Paranoia ausbreitete, zu einem nicht unerheblichen Teil auch Mitglieder der Bewegung selbst. Im Gefängnis wurden sie solange gefoltert, bis sie ein (erfundenes) Geständnis ablegten, danach wartete der sichere Tod. Massengräber von unglaublichem Ausmaß finden sich auf den 'Killing Fields' außerhalb der Stadt und hinterlassen ein Gefühl der Fassungslosigkeit.

Zwei Dinge stimmen uns besonders nachdenklich und ratlos: Zum Einen ist der Genozid der Khmer Rouge nur etwa 30 Jahre nach den grausamen Taten der Nazis passiert. Dass es regelmäßig, überall auf der Welt, immer wieder zu Grausamkeiten dieses Ausmaßes kommen kann ist für uns, denen in der Schule hauptsächlich die Taten des eigenen Landes beigebracht wurden, eine nachhaltig verstörende Erkenntnis gewesen. Zum Anderen wurden die Khmer Rouge um 1980 von den Vietnamesen bekämpft und in den Westen des Landes zurückgetrieben. Seitdem die vietnamesischen Soldaten die Folterstätten fanden sind diese Taten auch international bekannt. Trotz allem wurden die Khmer Rouge noch bis in die 90er Jahre hinein von den Vereinten Nationen und damit vielen westlichen Staaten als die offizielle Regierung von Kambodscha anerkannt und die unter Hilfe der Vietnamesen eingesetzte Regierung ignoriert. Wie man einen Völkermord an 2 Millionen Menschen für mehr als 10 Jahre politisch ignorieren kann, können und wollen wir ebenfalls nicht begreifen.

Guten Morgen, Vietnam

Nach dem nachdenklichen Ende unser Kambodschareise haben wir uns am nächsten Tag dann auch auf den Weg nach Vietnam gemacht. Nicht, dass wir nicht noch ein paar Tage mit schöneren Aktivitäten in Kambodscha hätten verbringen können, aber auch von Vietnam versprachen wir uns sehr viel und wollten in Hinblick auf unsere verbleibende Zeit nicht zu sehr trödeln. Wir setzten uns also in einen Reisebus und waren mal wieder irgendetwas zwischen 8 und 10 Stunden unterwegs. Der Grenzübertritt verlief wesentlich geordneter als bei unser Einreise nach Kambodscha und auch hier bilden wir uns ein, das neue Land anhand der vom Bus aus sichtbaren Landschaft wieder erkennen zu können. Ganz eindeutig merkten wir, dass die Straßen in Vietnam wesentlich besser ausgebaut sind. Das ständige Wackeln des Busses ließ deutlich nach, nachdem wir die Grenze überquerten. Allerdings gilt dies wohl auch eher für die großen Straßen in Vietnam, denn je nachdem wo man sich aufhält scheint es nicht untypisch zu sein, dass man für eine verhältnismäßig kurze Strecke von 100km 5 Stunden oder mehr braucht. Auch die Umgebung erschien uns viel grüner und fruchtbarer, allerdings kann dies auch dem Mekong geschuldet sein, der sich mit zunehmender Nähe zum Meer immer weiter verästelt und für eine ganzjährige Bewässerung der Felder sorgt.

Am Ende unser Fahrt erreichten wir dann die größte Metropole Südvietnams, Ho Chi Minh City, das vielen sicher auch unter seinem alten Namen Saigon bekannt ist. Auch wenn die Stadt schon seit den 70er Jahren nicht mehr offiziell so heißt, wird der Name auch von Vietnamesen noch häufig benutzt, weil er wesentlich kürzer und griffiger ist. So nobel es auch ist, eine Stadt nach einem Landesidol zu benennen, so unpraktisch ist dies eben auch im alltäglichen Gebrauch. Sobald man in der Stadt steht, fühlt man sich eigentlich wie in einer typischen westlichen Metropole. McDonalds, Starbucks und ähnliche große Ketten an jeder Ecke lassen vergessen, dass man sich gerade eigentlich in einem sozialistischen Ein-Parteien-Staat aufhält. Lediglich die überall präsenten Parteiplakate und natürlich der unvergleichlich chaotische Verkehr erinnern daran. Viele Vietnamesen betonen gerne, dass in Ho Chi Minh Stadt etwa 10 Millionen Menschen leben, die zusammen etwa 8 Millionen Mofas und Roller besitzen: Tendenz steigend. Vielleicht hilft diese Zahl etwas dabei, sich das Treiben auf den Straßen vorzustellen. Wobei keinesfalls nur auf den Straßen gefahren wird! Unser Erfahrung nach werden Fußwege eher als zusätzliche Fahrspur ohne lästige Autos wahrgenommen und wo man wirklich keine Fahrzeuge haben möchte, da muss man schon härtere Maßnahmen ergreifen. Etwa eine kleine, schienbeinhohe Schranke vor Parkeingängen, über die Fußgänger steigen müssen.

Bei der Einreise nach Vietnam haben wir uns für die Option ohne Visum entschieden. Bis Ende Juni wurde deutschen Staatsbürgern im Rahmen eines Testprogramms die visumsfreie Einreise für zwei Wochen genehmigt, mit Visum wären bis zu 30 Tage möglich gewesen. Dementsprechend wenig Zeit blieb uns in diesem mehrere tausend Kilometer langen Land, von dem wir noch viele andere Orte sehen wollten. Nach einem Stadtspaziergang am Abend, von dem wir euch einige Fotos mitgebracht haben, haben wir direkt für den nächsten Tag unsere erste Tagestour gebucht. Mehr dazu gibt es dann nächstes Mal. :)