Hoi An

Laternen, Laternen, Laternen überall

Geschrieben von Phil am Do 28 Juli 2016

Stichworte: Vietnam, Hoi An, Hue, Reise,

Ihr beschwert euch (zurecht) darüber, dass ihr Neues von unser Reise hören wollt. Deshalb gibt es hier nun endlich wieder einen Beitrag über unsere Zeit in Zentralvietnam, bevor wir, hoffentlich bald, von unser Zeit im Norden berichten werden. Dem tatsächlichen Reisefortschritt hängen wir damit nun schon etwas über einen Monat hinterher. Wir werden unser Bestes geben, um aufzuholen!

Wie bereits berichtet, haben wir Dalat schon am Nachmittag verlassen, weil wir zunächst eine kleinere Strecke bis Natrang zurücklegen mussten, wo wir dann gegen Abend in unseren Nachtbus umstiegen. Da wir euch von dieser Art der Fortbewegung schon erzählt haben, sei einfach nur gesagt, dass die Nacht den Umständen entsprechend angenehm war und wir relativ erholt in Hoi An ankamen. Im Gegensatz zu unser letzten Etappe wurden wir nicht völlig unerwartet um halb 5 aus dem Bus geworfen, sondern erreichten die Stadt erst gegen kurz vor 6. Sofort fanden wir ein kleines Café, in dem wir für ca. 25 Cent wunderbaren vietnamesischen Kaffee zu uns nehmen konnten. Dieser ist nur schwer mit dem Kaffee zu vergleichen, der in Deutschland typischerweise auf dem Frühstückstisch landet. Von der Größe her gleicht er eher einem Espresso und ist auch in etwa genau so stark. In seiner klassischen Zubereitungsform wird er mit einer dicken, gesüßten Kondensmilch getrunken, die fast schon einem Sirup ähnelt, und auf die der heiße Kaffee frisch aufgegossen wird. Alternativ, vor allem zu späteren Tageszeiten, wenn die Temperaturen steigen, trinken die Vietnamesen das gleiche Gemisch aus einem mit Eiswürfeln aufgefüllten Longdrinkglas. Beiden Varianten konnten wir sehr viel abgewinnen. In Vietnam wird meist gratis Tee gereicht, wenn man in einem Café bestellt, und so konnten wir den Tag gemütlich mit ausreichend Heißgetränken beginnen.

Glücklicherweise hatte der Reisebus uns nur wenige Meter von unserem Hostel entfernt abgesetzt, und auch das Café war direkt auf der anderen Straßenseite, so dass wir anschließend schnell unser Gepäck im Hostel abstellen und uns frisch machen konnten, bevor wir einen ersten Ausflug in die Altstadt unternahmen. In Hoi An hatten wir zwei Übernachtungen geplant, und nach einiger Überlegung entschlossen wir uns, am ersten Tag die Stadt zu erkunden. Statt einfach nur planlos herumzulaufen kauften wir ein 'Altstadtticket', mit dem man fünf verschiedene historisch wichtige Gebäude besuchen kann. Vietnam war für etwa tausend Jahre von den Chinesen besetzt, die in Hoi An ein reges Handelszentrum aufbauten. Zu den besuchbaren Gebäuden gehören deshalb vor allem ehemalige chinesische Kaufmannshäuser und Tempel. Wie ihr auf unseren Bildern sehen könnt, ist der chinesische Einfluss mehr als deutlich und auch außerhalb dieser Gebäude fühlt man sich, als würde man durch eine kleine gemütliche Flussstadt in China laufen. Im letzten Gebäude, das wir besichtigten findet zweimal täglich eine traditionelle Musikvorführung statt, die von traditionellem Tanz in aufwändig gestalteten Kostümen begleitet wird. Wir planten unseren Tag so, dass wir diese halbstündige Vorstellung anschauen konnten und sind sehr froh darüber, denn es war sicherlich das Highlight unseres Altstadttickets.

Danach ging es zurück ins Hostel zum Einchecken. In Hoi An sind wir im Tribee Hostel untergekommen, nur wenige Fußminuten von der Altstadt entfernt. Statt wie erwartet in einem Mehrbettschlafsaal zu landen wurden wir, vermutlich weil alles andere ausgebucht war, kurzfristig in ein Privatzimmer einquartiert, das sich zwar in einem anderen Gebäude, aber trotzdem nur etwa 2 Minuten Fußweg entfernt befand. Ein nettes Upgrade zum gleichen Preis:). Wir hatten Glück, denn am gleichen Abend fand in unserem Hostel auch die 'Frühlingsrollennacht' statt. Völlig umsonst kann man bei diesem Event zusammen mit anderen Reisenden selbst Frühlingsrollen befüllen, frittieren und nachher essen, bis man umfällt. Wie wir feststellen durften waren die 400 Frühlingsrollen, mit denen dieser Abend beworben wurde, keinesfalls als Übertreibung gemeint, und so konnten wir danach nur noch glücklich und satt ins Bett fallen, statt wie geplant noch einmal die Stadt im Dunkeln anzuschauen.

Den nächsten Tag verbrachten wir faul, schliefen lange aus, mieteten uns Fahrräder (2€ pro Tag) und fuhren zum einige Kilometer entfernten Strand. Dort planschten wir zwar ein, zweimal im Wasser, genossen aber doch größtenteils die Strandliege und dösten vor uns hin. Gegen Abend schafften wir es dann doch noch, die Altstadt von Hoi An im Dunkeln zu besichtigen, eine wirklich lohnenswerte Erfahrung! Die sowieso schon beschaulichen Straßen sind dann von den zahlreichen chinesischen Laternen beleuchtet und es laufen nicht nur ausländische Touristen umher, sondern auch vietnamesische Familien, wodurch sich die Stadt wesentlich authentischer anfühlt. Die Tatsache, dass der Altstadtbereich vormittags und abends auto- und mopedfrei (!!!) ist, trägt ebenfalls sicher sehr dazu bei, dass man sich hier wohlfühlt. Im Gegensatz zu den wuseligen und lauten Metropolen, in denen wir davor waren, war dies eine willkommene Abwechslung. Dalat sei an dieser Stelle explizit ausgeschlossen: Dort fahren zwar auch Mopeds, aber nicht in einem so anstrengenden Maß wie etwa in Ho Chi Minh City.

Da wir irgendwie aber doch wohl auch ein wenig vom vietnamesischen Motorradvirus infiziert worden sind, mieteten wir uns am nächsten Tag selbst eins, um die Strecke von Hoi An zu unserm nächsten Stop, Hue, auf einem solchen zurückzulegen. Die Entfernung beträgt etwa 100km und der Weg führt vollständig an der Küste entlang, sowie über einen Bergpass, von dem man eine fantastische Aussicht hat. Leider brannte die Sonne unbarmherzig von oben, so dass wir trotz intensiver Schutzversuche nicht ohne einen leichten Sonnenband davon kamen. Viele Vietnamesen sehen auf ihren Mopeds aus wie Schwerverbrecher: Langärmelige Kleidung selbst bei fast 40°C, Schal tief ins Gesicht gezogen und häufig sogar Handschuhe. Nach diesem Trip können wir diese intensive Form des Sonnenschutzes definitiv nachvollziehen. Trotz allem hat sich die Fahrt auf jeden Fall gelohnt, gerade auch weil wir unsere beiden großen Rucksäcke direkt zu unser Unterkunft nach Hue geliefert bekommen haben und den Roller dort einfach stehen lassen konnten. Für unter 20€ inklusive Sprit ist dieser Ausflug, für den man mit Pausen definitiv den ganzen Tag einplanen sollte, ein einmaliges Erlebnis!

In Hue wollten wir eigentlich nur eine Nacht bleiben und am nächsten Tag mit einem weiteren Nachtbus nach Hanoi aufbrechen. So hätten wir etwas mehr als 24 Stunden für die Stadt gehabt, was nach Aussage verschiedener Personen auch genug für die Stadt sein sollte. Spontan entschieden wir uns dann aber doch dafür, über unsere Unterkunft eine Tagestour zu buchen, die so spät endete, dass wir den angepeilten Nachtbus nicht bekommen würden. Wir verlängerten unseren Aufenthalt im Hue Happy Homestay also um eine weitere Nacht. Auf der Tagestour sahen wir uns zwei prächtige Grabmäler ehemaliger vietnamesischer Könige an, denn vor langer Zeit war Hue die Hauptstadt und der Sitz der Herrscherfamilie. Eine Kampfkunstvorführung, der Besuch eines 'traditionellen Dorfes' (mal wieder eine Kaffeefahrtveranstaltung), ein Abstecher in eine Perlenzucht inklusive Werbevideo (Kaffeefahrt für die gut betuchten, aber zugegebenermaßen recht interessant), ein altes Haus mit traditionellem Obst- und Gemüsegarten, ein Tempel sowie eine ausgiebige Bootsfahrt gehörten ebenfalls zu unser Tour. Letztendlich sind wir nicht ganz so begeistert, weil wir doch verhältnismäßig viel Geld ausgegeben haben und uns die Verkaufsveranstaltungen sicher hätten sparen können. Es war aber auch kein völliger Reinfall und wir haben so viele Orte innerhalb eines Tages sehen können.

Da wir am nächsten Tag bis zur Abfahrt des Nachtbusses noch reichlich Zeit hatten besuchten wir auf eigene Faust die berühmteste Sehenswürdigkeit Hues, die Zitadelle. Gut befestigt, von Mauern und Wassergräben umringt, ist dies der beeindruckend große Sitz der alten Königsfamilien. Leider ist auch hier der Vietnamkrieg nicht spurlos vorbeigegangen, weshalb viele der Gebäude unwiederbringlich zerstört sind. Die noch stehenden, zusammen mit einer Videosimulation, die die einstige Pracht der Zitadelle zeigt, vermitteln trotzdem einen guten Eindruck darüber, was für eine große historische Stätte man gerade besucht.

Muss man Hue gesehen haben? Ich würde sagen, nicht unbedingt. In Kombination mit dem Rollertrip aus Hoi An war es ein netter Aufenthalt dort und wer sich sowieso in Zentralvietnam aufhält, für den ist gut zu erreichen, weil jegliche Fortbewegung in diesem Land über gefühlt eine einzige Straße verläuft, die auch durch Hue führt. In der Liste der schönsten Städte auf unser Reise reiht es sich nach atuellem Stand aber eher in der Mitte ein. Dabei ist die Stadt aber nicht besonders hässlich, sondern einfach ein wenig unauffällig und weniger charaktervoll. Zugegeben, im Vergleich mit dem wunderschönen Hoi An (vermutlich meine Lieblingsstadt in Vietnam) hat Hue es natürlich auch sehr schwer.