Nachdem wir wieder seit einigen Tagen nicht zum Schreiben gekommen sind, berichten wir nun von unserem nächsten Stop. Battambang ist Kambodschas zweitgrößte Stadt, direkt nach der Hauptstadt Phnom Penh, und wurde in unserem Reiseführer hoch umworben. Ebenso haben wir in Siem Reap einige positive Meinungen über die Stadt gehört, sodass wir ausnahmsweise direkt zwei Übernachtungen gebucht haben. Unsere Wahl fiel auf das Hostel BTB Cambodia, welches relativ neu eröffnet wurde und durchweg positive Bewertungen bekommen hatte. So richtig kann ich diese Meinung im Nachhinein aber nicht teilen. Obwohl im Großen und Ganzen alles sauber war, waren die Zimmer nicht wirklich auf Reisende ausgelegt. Es gab im 6-Personen Schlafsaal nur zwei Steckdosen, keine Lampen am Bett und abschließbare Schränke gab es auch nicht, nur eine handvoll sehr kleiner Schließfächer neben der Rezeption, von denen wir aber das letzte abbekommen haben. Als ich dann noch kleine Würmer an den Wänden neben den Betten gefunden habe und der hosteleigene Hundewelpe seine großen und kleinen Geschäfte in die Gemeinschaftsecke verrichtet hat (haben wir beides live gesehen!), wollte ich am liebsten recht schnell weiterziehen.
Zunächst haben wir aber zu Fuß die Stadt erkundet, die durch ihre französischen Kolonialgebäude punkten soll. Besonders hervorgehoben war auch der inzwischen geschlossene Bahnhof (das Zugnetz in Kambodscha ist zwar durch die Franzosen gut ausgebaut worden, wird aber seit deren Rückzug gar nicht mehr genutzt, das Haupttransportmittel hier sind Busse und Mopeds). Leider haben wir aber nur ein paar heruntergekommene Gebäude entdeckt, die in die ansonsten recht nichtssagende, moderne Stadt eingearbeitet sind. Nach einer nicht sehr erholsamen Nacht haben wir am nächsten Tag zu sechst eine vom Hostel organisierte Tagestour durch Battambangs Umgebung mitgemacht. Diese führte uns zunächst zum berühmten Bamboo Train, einer motorisierten, komplett aus Bambus bestehenden Art Draisine, welche auf einer halbstündigen Fahrt zwei kleine Dörfer miteinander verbindet. Die Fahrt war großartig, ich habe mich teilweise wie auf einer Achterbahn gefühlt, da es unzählige Hügel, Kurven und Unebenheiten in den Schienen gab und wir mit einem Mordstempo unterwegs waren. Dazu bitte das entsprechende Foto anschauen ;).
Danach haben wir noch eine alte kambodschanische Villa, sowie eine Hängebrücke und ein buddhistisches Kloster besichtigt, bevor wir zum Mittagessen an einen großen See gefahren wurden, der als Erholungsort für junge Khmer extra künstlich angelegt wurde. Hier haben wir einige Stunden in Hängematten und im See verbracht und Phil und ich sind mit einem Kayak einmal um den See gepaddelt. Auf dem Programm standen jetzt noch zwei weitere Highlights, die man in Battambang nicht verpasst haben darf: die Killing Caves und der Fledermausflug. Bei den Killing Caves handelt es sich um auf einem Berg gelegene Höhlen, die während des kambodschanischen Genozids durch die Khmer Rouge bis zu den 70er Jahren verwendet wurden, um sich auf brutale Art und Weise der "Staatsfeinde" zu entledigen. Bei diesen handelt es sich um alle Bürger Kambodschas, die im Entferntesten als gebildet galten. Eine Fremdsprache zu sprechen oder eine Brille zu tragen war dabei oft Grund genug, dem grausamen System zum Opfer zu fallen. In dieser sehr bedrückenden Umgebung trafen wir auf einen jungen Khmer, der das Schicksal seiner Familie mit uns geteilt hat. So erzählte er uns, dass seine Eltern nur überlebt haben, weil sie einen Freund in der Khmer Rouge hatten und von diesem instruiert wurden, wie sie sich zu verhalten hatten. Zum Beispiel riet er ihnen, bei einer Gelegenheit, sich "dumm" zu stellen und leere Blätter abuzgeben, als eine Gruppe Khmer Rouge in ihr Dorf kam und "nach fähigen Mitarbeitern gesucht" hatte. Als Einstellungskriterium musste jeder Bewohner einige Sätze schreiben und eine einfache Rechenaufgabe lösen. Jeder, der etwas Brauchbares abgab, wurde daraufhin abtransportiert und tauchte erst 1995 wieder auf, als die Killing Caves geöffnet und die verbliebenen Knochen den Vermissten zugeordnet werden konnten. Der anschließende Fledermausflug passte dann recht gut zur gedrückten Stimmung unserer Gruppe. Pünktlich zur Abenddämmerung verlassen jeden Abend ca. 6 Millionen Fledermäuse in geordneter Formation ihre Höhle, um in der Nacht auf die Jagd zu gehen. Über eine halbe Stunde lang dauert das Spektakel, dann wird es dunkel und man ist sich nicht sicher, ob es nun vorbei ist oder man durch die Dunkelheit einfach nur nichts mehr erkennen kann.
Achja, auf halbem Weg zu den Höhlen ist unser Tuktuk übrigens liegen geblieben, sodass wir auf ein Ersatzfahrzeug warten mussten, welches uns nach diesem langen, aber wirklich schönen und interessanten Tag zurück zum Hostel brachte. Am selben Abend sind wir dann auch noch mit dem Nachtbus nach Kampot aufgebrochen und haben unsere zweite gebuchte Nacht verfallen lassen. Für 3 US-Dollar pro Person, die die Übernachtung gekostet hat, fanden wir das okay.
Falls sich beim Lesen jemand über die zweite Überschrift dieses Blogeintrags gewundert hat: Battambang bedeutet wörtlich übersetzt verlorener Löffel. Die Geschichte besagt, Buddha habe einen magischen Löffel besessen, den er hier in der Stadt verloren hat. Wenn das mal keine schöne Anekdote ist.
Für die Interessierten vielleicht noch eine Preisaufstellung: das Hostel hat wie erwähnt 3 US-Dollar gekostet, für die gesamte Tagestour haben wir 8 Dollar (plus 5 Dollar für den Bamboo Train) bezahlt und der Nachtbus war mit 17 Dollar unsere größte Ausgabe, dafür haben wir allerdings auch eine richtige Schlafkabine mit Bett, Kissen und DVD-Player bekommen. Und wer hier für ein gezapftes Bier mehr als 75ct zahlt, ist selbst Schuld und muss sich vermutlich viel Mühe gegeben haben, einen besonders teuren Ort zu finden.